Politische Bildung an (Hoch-)Schulen gehört nicht
in die Verantwortung von Bundeswehroffizieren!
Vor etwa drei Wochen wurde auch in Bayern eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem
Kultusministerium und der Bundeswehr (Wehrbereichskommando IV – Süddeutschland) zum
Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen unterzeichnet. Laut Pressemitteilung des Bayerischen
Kultusministeriums vom 8. Juni 2010 ist diese Vereinbarung ein „Angebot an die
Gesellschaft“. Nach Auffassung des zitierten Generalmajors sind Jugendoffiziere „... ausgewiesene
Experten in sicherheitspolitischen Fragen und für entsprechende Themen besonders
gut geeignet. Sie können sehr gut auf die Schüler aller Bildungseinrichtungen eingehen
und zum politischen Diskurs anregen ...“.
Bei uns regt sich sofort der Gedanke, warum die Bundeswehr notwendig sein soll, um unseren
Schülerinnen und Schülern eine angemessene politische Bildung – auch in sicherheitspolitischen
Fragen – zukommen zu lassen. Dazu Elke Hahn, Geschäftsführerin der GEW
Bayern: „Sind die Lehrkräfte an Bayerns Schulen dafür etwa nicht geeignet? Sollte dies so
sein, müsste es durch entsprechende Aus- oder Weiterbildung geändert werden. Wir wenden
uns strikt dagegen, dass diese Aufgabe der Bundeswehr übertragen werden kann, wie
es die Kooperationsvereinbarung vorsieht. Es entsteht der Eindruck, dass es nicht in erster
Linie um die Behandlung des Themas an Schulen geht, sondern um dessen Behandlung
durch die Bundeswehr selbst. Und hier sehen wir die Krux: Die Bundeswehr hat in erster
Linie militärische Ziele zu erfüllen und militärische Aufgaben zu übernehmen. Deswegen ist
sie nicht politisch wertneutral! Neutral sind Lehrerinnen und Lehrer an Schulen auch nicht.
Aber man hat sich in dieser Gesellschaft darauf verständigt (!), dass es die Pädagoginnen
und Pädagogen sind, die an Schulen den Bildungsauftrag zu erfüllen und dafür eine adäquate
Ausbildung zu erhalten haben. Es sind die Lehrerinnen und Lehrer, denen das Vertrauen
gegeben wird, Kinder und Jugendliche zu selbstbewussten, entscheidungs- und kritikfähigen
Mitgliedern einer demokratischen Gesellschaft auszubilden“.
„Für die GEW gehört zu diesem Thema auch die Vermittlung und kritische Behandlung von
Zusammenhängen zwischen Innen-, Außen-, Sicherheits- und Friedens(!)politik, genau so
wie die Auseinandersetzung über Fragen des sozialen Zusammenhalts einer (Welt-) Gesellschaft
und die Frage, inwieweit z.B. Frieden sichernde Maßnahmen im Ausland zu den Aufgaben
der deutschen Bundeswehr gehören. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind am politischen
Zeitgeschehen interessiert und nicht auf den Auftritt eines Jugendoffiziers der Bundeswehr
angewiesen, um Schülerinnen und Schülern diese Zusammenhänge begreiflich zu
machen“, ergänzt Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern.
Laut Kooperationsvereinbarung können die Schulen „in eigener Zuständigkeit über die Ausgestaltung
der Umsetzung der Vereinbarung entscheiden“. Auch bisher konnten Jugendoffiziere
der Bundeswahr an Schulen eingeladen werden. Allerdings befürchtet die GEW, dass
durch die Kooperationsvereinbarung die Nachfrage steigen wird.
Für die Staatsregierung, bei der die Verantwortung für die Kooperationsvereinbarung liegt,
scheint der eingeschlagene Weg bequem und günstig: Anstatt Geld in die Hand zu nehmen
für eine umfassende, das aktuelle Zeitgeschehen berücksichtigende Aus- und Weiterbildung
von Lehrkräften sowie die dafür notwendigen zusätzlichen Stellen zu schaffen, wird die Bundeswehr
geholt. Das ist einfach, praktisch und finanziell verlockend, denn – so konnte u.a. im
Artikel der SZ am 21. Juni nachgelesen werden – bezahlt die Bundeswehr auch mal einen
Bus, um den SchülerInnen eine politische Lehreinheit im Sinne der Bundeswehr zu ermöglichen.
Etwas hilflos und alleine stehend wirkt der Satz in der Vereinbarung, dass „Jugendoffiziere
(...) nicht für Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr (werben)“. Wer glaubt’s?
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