Das Thema „Workload“ ist in aller Munde. In diesem Kontext sorgten zwei Studien für Aufsehen: Die ZEITLast-Studie von Prof. Dr. Rolf Schulmeister (Uni Hamburg) und DieUmfrage von der AG Umfrage. Der AStA der Uni Bremen beschloss, mit den Verantwortlichen dieser Studien ins Gespräch zu kommen und sich dem Thema Workload ausführlich zu widmen. Und zwar in einer Podiumsdiskussion und auf einem Semestergipfel.
Podiumsdiskussion: „Die Belastung ist eine subjektive Wahrheit!“Auf der Podiumsdiskussion „Faule Studis?! Bologna-Studierenden zwischen Bummelei und Burnout“ stellte der Hamburger Professor Rolf Schulmeister die Ergebnisse seiner Studie rund 100 Interessierten im Haus der Wissenschaften vor. Im Anschluss daran präsentierte die AG Umfrage – eine unabhängige Interessens- und Arbeitsgemeinschaft, die sich aus dem Studentenprotest des WiSe 2009/2010 heraus gegründet hat – ihre Ergebnisse. Die Resultate der beiden Studien konnten nicht unterschiedlicher sein und wurden daher kontrovers diskutiert.
Die AG Umfrage kommt zum Ergebnis, dass ein Drittel der ca. 2000 TeilnehmerInnen der Universität Bremen, mehr als 40 Stunden arbeitet. Die Hälfte der Studierenden geben auch an, dass sie weniger als die vorgesehenen 6 Wochen im Semester „Freizeit“ haben. Das Bild von faulen Studenten spiegeln diese Ergebnisse kaum wieder. Dass diese Belastung keine Einbildung ist, bestätigte Swantje Wrobel, Leiterin der Psychologisch-Therapeutischen Beratungsstelle des Studentenwerks Bremen. Seit der Umsetzung der Bologna-Reform sei die Anzahl der Studenten mit psychischen Belastungen signifikant angestiegen.
Dem gegenüber zeichnen die Zwischenergebnisse der Langzeitstudie von Professor Schulmeister ein ganz anderes Bild. Studierende arbeiten laut dem Projektleiter der Studie im Mittel lediglich 26 Stunden pro Woche für ihr Studium. Darüber hinaus, führe das prüfungsorientierte „Bulimie-Lernen“ vieler Studierenden dazu, dass vor allem am Ende der Vorlesungszeit überproportional viel gelernt wird. Die Schlussfolgerungen der Zwischenergebnisse sind deutlich: Zerstückelte Stundenpläne verhindern laut Schulmeister ein effektives Lernen. Als Lösung schlägt er unter anderem Blockseminare, weniger Themenwechsel und besser integrierte Prüfungsleistungen vor. Gleichzeitig ruft er die Studierenden auf, die Zeitlücken in ihren Studentenplänen effektiver zu nutzen. Ein grundlegendes (und bei der Diskussion stark kritisiertes) Problem sieht Schulmeister auch in der Motivation der Studierenden. Diese studieren nämlich nicht länger für gute Noten, sondern lediglich für Credit Points, die nicht länger die Leistung, sondern einen Zeitaufwand messen. Der ist längst nicht mehr so einheitlich, wie er mal vorgesehen war. Für Schulmeister ist die hohe Belastung der Studierenden am Ende „eine subjektive Wahrheit“. Die Ursache dafür liege im Zeitmanagement der Studierenden und in der Organisation des Studiums und nicht in dem zu berechnenden Zeitaufwand.
Ein Tag nach der Podiumsdiskussion stand auch der Semestergipfel im Zeichen des Themas Workload. Im Zentrum der Diskussionen der insgesamt 60 TeilnehmerInnen (Studierende, Dekane, VertreterInnen der Unileitung) stand erneut die ZeitLast-Studie und die Ergebnisse der AG Umfrage. Diese waren der Ausgangspunkt für die Diskussion über Maßnahmenn zur Verbesserung der Studiensituation an unserer Universität.
Zunächst wurde die Umfrage AG von der Universitätsleitung wegen ihres hohen studentischen Engagements gelobt. Zusammen mit den Studierenden will das Rektorat sich dafür einsetzen, dass die Studie sich dauerhaft an der Uni etabliert. Danach verteidigte der Rektor der Universität Bremen, Professor Müller, das von Professor Schulmeister kritisierten ECTS-System. Letztgenanntes ist laut Müller lernerzentriert und kompetenzorientiert und somit nicht die Ursache der Studentenbelastung. Die mangelhafte Verhandlungskooperation zwischen Studierenden und Lehrenden dagegen ist dies – laut dem Rektor – schon eher.
Auch die anwesenden Studierenden kritisierten in vielen Punkten die Ergebnisse der ZEITLast-Studie. Die Lücken in den Stundenplänen sind nicht nur durch schlechtes Zeitmanagement der Studierenden entstanden, meldeten sie, sondern ebenfalls durch die Vorgabe der Lehrveranstaltungen und das enge Curriculum. Die Bündelung von Prüfungen am Ende eines Semesters sind ebenfalls eine deutliche Belastung.
Die AG Workload des AStA griff in ihrer Präsentation die Bemerkungen der Studierenden auf und befürwortete eine Flexibilisierung der Unibürokratie. Darüber hinaus wies sie auf die fehlende Transparenz der Prüfungs- und Studienorganisation als Quelle der Belastung hin und betonte auch die mangelhafte Motivation von vielen Lehrenden und Studierenden.
Während des Semestergipfels wurden die Meinungen aller Statusgruppen kontrovers diskutiert. Während die Universität als Institution aufgefordert wurde mehr Flexibilität zu zeigen, wurden die Studierenden dazu aufgerufen sich verstärkt auf Zeitmanagement, Selbststudium und Engagement in den bestehende Strukturen zu konzentrieren. Die Lehrenden wurden ihrerseits aufgefordert mehr Engagement zu zeigen und eine Rückmeldekultur und eine dazu gehörige Didaktik einzuführen, die projektorientiertes und gut angeleitetes Lernen erlaubt.
Der Semestergipfel zeigte, dass alle Statusgruppen sich gemeinsam engagieren müssen um eine geringere Belastung aller Beteiligten zu ermöglichen. Oder wie es der Rektor zusammenfasst: „Wir sind zum Zusammenarbeiten verdammt“.
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