FDP-Ministerium kürzt beamteten Lehrern nach Arbeitskampf die Bezüge
Ein Lehrerstreik vom 3. Juni hat in Schleswig-Holstein ein disziplinarrechtliches Nachspiel. Rund 3 500 Lehrer hatten damals nach Gewerkschaftsangaben gegen eine Verlängerung der Arbeitszeit und gegen Stellenabbau protestiert. Weil sie während der Arbeitszeit demonstrierten, kürzt das FDP-geführte Bildungsministerium jetzt fast 2000 Lehrern die Bezüge und droht mit Einträgen in die Personalakte. Die CDU-FDP-Landesregierung verwehrt ihren Beamten das Streikrecht.
Rund 4000 Lehrerstellen will Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bis 2020 einsparen. Gleichzeitig soll die Stundenzahl pro Beamten steigen. Nur eine »kampfkräftige Gewerkschaft« sei ein anerkannter Tarifpartner, so die GEW. Deshalb habe man Anfang Juni zum Mittel der Arbeitsniederlegung gegriffen. Die Lehrergewerkschaft hatte sich auf die Disziplinarverfahren vorbereitet und Musterbriefe für ihre Mitglieder erstellt.
Die Mehrzahl der Lehrer in der GEW sind verbeamtet. Anders als die Gewerkschaft ver.di erkennen die Pädagogen das angebliche Streikverbot für Beamte nicht an. Sie führen dafür zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an, die eine Einschränkung des Streikrechts für vereidigte Staatsdiener für nichtig befanden.
Die Juristen der Bildungsministerien berufen sich dagegen auf die »hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums« nach Artikel 33 des Grundgesetzes. Nach diesen Traditionen seien Beamtenstreiks unzulässig. Dem steht allerdings die Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 der deutschen Verfassung entgegen, die für »jedermann und alle Berufe gewährleistet ist«. Das Recht, Gewerkschaften zu gründen, beinhaltet nach einhelliger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte das Recht auf Arbeitsniederlegungen. Ein Streikverbot für Beamte widerspricht diesem Grundsatz.
Unterstützung bekommen die Lehrer von der Linksfraktion im Landtag. »Anstatt kritische Lehrerinnen und Lehrer mit Disziplinarverfahren zu schikanieren, sollte sich die Landesregierung lieber auf ihre Fürsorgepflicht gegenüber den beamteten Lehrkräften besinnen«, kritisierte Ellen Streitbörger, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion und bezeichnete den Streik als »Reaktion auf das verantwortungslose Handeln der Regierung«.
Der angedrohten Kürzung der Besoldung für Streikteilnehmer fehle außerdem die rechnerische Grundlage, so Streitbörger. Aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vom Juli gehe hervor, daß dem Bildungsministerium gar keine Daten vorlägen, welcher Lehrer wie lange seinem Arbeitsplatz ferngeblieben sei.
http://www.jungewelt.de/2010/08-11/026.php
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen