Mittwoch, 28. Juli 2010

Nationales Stipendienprogrämmchen

Gerhard Bosch: Nationales Stipendienprogramm – Mitnahmeeffekt ohne Steuerungswirkung
Weit mehr als in anderen entwickelten Ländern entscheidet in Deutschland die soziale Herkunft über eine Studienteilnahme. Der unzureichende Ausbau des Bafög ist einer der wesentlichen Gründe für diese Ungleichheit. Nach Zahlen der OECD gibt Deutschland nur 0,22 Prozent des Bruttosozialprodukts für die Studienförderung aus, während es z.B. in Dänemark mit 0,67 Prozent dreimal und in Norwegen mit 0,86 Prozent fast viermal soviel sind.
Wie wichtig eine gute Finanzierung für die Aufnahme eines Studiums ist, wissen wir aus repräsentativen Befragungen von Abiturienten: Je größer die finanziellen Probleme eingeschätzt werden, desto geringer ist die Studierneigung. Außerdem brechen Studenten mit finanziellen Problemen häufiger ihr Studium ab. Durch Geldmangel gehen den Hochschulen also viele Studenten verloren.
Umso überraschender die Entscheidungen des Bundesrats. Er hat soeben eine Erhöhung der Bafög-Sätze abgeschmettert, gleichzeitig aber ein neues nationales Stipendienprogramm verabschiedet. Danach sollen künftig bis zu 160 000 begabte Studierende einkommensunabhängig mit 300 Euro pro Monat unterstützt werden. Der Bund soll 300 Millionen Euro beitragen, die Wirtschaft den gleichen Betrag zuschießen.
Aus ökonomischer Sicht ist dieses Geld schlecht angelegt. Die begabten Studenten aus gut verdienenden Familien werden ohnehin studieren. Natürlich werden sie die Zusatzförderung gerne annehmen. Das ist aber ein reiner Mitnahmeeffekt ohne jede Steuerungswirkung. Noch schlechter sieht die Bilanz aus, wenn man nach den Erträgen alternativer Verwendungsmöglichkeiten fragt. Mit 300 Millionen Euro könnte man mehr Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien zum Studium bewegen und das Risiko von Studienabbrüchen verringern. Nur solche nachweisbaren Zusatzeffekte rechtfertigen den Einsatz öffentlicher Gelder.
Quelle:
http://www.derwesten.de/waz/montagsoekonom/Zu-wenig-Geld-fuer-arme-Studenten-id3281026.html

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